Kurzarbeit
Kurzarbeitergeld in Zeiten der Corona-KriseReiserecht in Zeiten der Corona-Pandemie
Auch im Reiserecht stellen sich als Folge der Corona-Pandemie eine Vielzahl von Fragen: Wann kann ich eine Reise kostenfrei stornieren? Erhalte ich Anzahlungen zurück? Gibt es Entschädigungen für ausgefallene Flüge?
Wir versuchen einige dieser Fragen nachfolgend zu beantworten. Auch hier gilt natürlich: Diese Antworten ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall.
Wann kann ich wegen der Corona-Pandemie eine Individualreise stornieren?
Der Urlauber kann auf jeden Fall dann bereits getätigte Anzahlungen zurückfordern, wenn der Anbieter seine Leistungen (z.B. den Flug oder die Übernachtung) selbst absagt.
Der Reisende kann ansonsten bei Anwendung des deutschen Rechts nur dann die Reise kostenfrei stornieren, wenn die Einzelleistung nicht erfüllt werden kann. Dies ist dann beispielsweise der Fall, wenn der Urlaubsort in einer Region liegt, für die die Behörden ein generelles Einreiseverbot ausgesprochen haben oder der Flughafen nicht angeflogen werden kann. Auch die aktuellen Zufahrtsbeschränkungen für die norddeutschen Inseln führen zu einem Recht auf Stornierung. Wenn der Reisende deshalb gar nicht anreisen kann, darf ein Hotelier auch nicht den Zimmerpreis verlangen.
Derzeit gilt zudem ein Reiseverbot innerhalb Deutschlands. Dies bedeutet auch, dass Inhaber von Hotels und Vermittler von Ferienwohnungen (zumindest aktuell) keine Unterkünfte mehr zu touristischen Zwecken anbieten und daher auch keine Stornokosten – für die betroffenen Zeiträume – verlangen dürfen.
Anders kann die Rechtslage sein, wenn sie die Ferienwohnung oder das Hotel direkt im Ausland gebucht haben und die Buchungsbedingungen keine Regelungen zum anwendbaren Recht enthalten. Denn dann gilt grundsätzlich das Recht des Landes, wo die Unterkunft gebucht wurde. In zahlreichen EU-Mitgliedstaaten legen die Hotelbetreiber selbst fest, ob die Zimmer kostenlos storniert werden dürfen, ob Stornogebühren fällig werden oder ob der komplette Betrag bezahlt werden muss. Vorrangig sind daher die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vermieter der Ferienwohnungen bzw. des Hotels maßgeblich.
Was passiert, wenn ich die Reise nur aus Angst vor dem Corona-Virus nicht antreten will?
Wenn Individualleistungen wie Flug, Zugfahrt oder Hotelzimmer ohne Einschränkungen erbracht werden können, der Urlauber die Reise jedoch aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr antreten will, können die Anbieter (Airline, Bahn, Hotel, Eigentümer Ferienwohnung) bei der Absage durch den Reisenden Stornokosten bzw. die Kosten der Unterkunft abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Es besteht daher in diesen Fällen kein Anspruch auf eine vollständige Erstattung der Kosten bzw. auf deren Nichtzahlung.
Was gilt bei Flügen und Bahnfahrten?
Jeder Fluggast darf grundsätzlich seinen gebuchten Flug jederzeit stornieren. Die Fluggesellschaft darf dann aber Stornokosten, die in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt sind, verlangen. Es gibt auch Tarife, die überhaupt nicht kostenfrei storniert werden können.
Viele Airlines bieten aber inzwischen – beispielsweise bei drohender Quarantäne – aus Kulanz kostenfreie Umbuchungen oder Gutscheine an.
Sollte der Flug von der Airline wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden, ist die Fluggesellschaft verpflichtet, den Ticketpreis zu erstatten, eine Ersatzbeförderung oder eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt anzubieten.
Eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-VO dürfte indes in diesem Fall ausscheiden. Denn nach der EU-Fluggastrechte-VO 261/2004 liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, wenn der Grund für die Verspätung oder Annullierung außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft liegt. Die EU-Kommission hat am 18.03.2020 hierzu erklärt, dass die Corona-Pandemie als außergewöhnlicher Umstand zu bewerten seien.
Dies gilt aber nur dann, wenn ausschließlich die Corona-Pandemie bzw. die zu deren Eindämmung ergriffenen Maßnahmen die Annulierung des Fluges verursacht haben. Eine Entschädigung kann daher durchaus zumindest dann einzufordern sein, wenn der Flug nur aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen wurde, für die Flugstrecke keine Einschränkungen durch Grenzschließungen vorlag und auch keine offizielle Reisewarnung für das Zielgebiet existierte.
Die Deutsche Bahn und die privaten Bahn-Betreiber können sich hingegen nicht auf „höhere Gewalt“ berufen. Die Fahrgastrechte, die für den Fall einer Verspätung ab 60 Minuten oder eines Zugausfalls eine Entschädigung vorsehen, gelten auch dann, wenn die Verspätung auf außergewöhnlichen Umständen beruht.
Die Deutsche Bahn hat zudem für alle bis einschließlich 13.03.2020 gekauften Tickets für Fahrten zwischen dem 13.03.2020 und dem 30.04.2020 Kulanzregelungen eingeführt.
Kann ich meine Pauschalreise stornieren?
Dies hängt zunächst davon ab, wann die Pauschalreise (z.B. Flug oder Zugfahrt und Hotel) stattfinden soll: Eine kostenfreie Stornierung einer unmittelbar bevorstehenden Reise durch den Reisenden ist immer möglich, wenn die Anreise oder Durchführung durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt wird (z.B. weil ein generelles Einreiseverbot für den gebuchten Ort besteht oder Züge nicht mehr fahren). Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt dabei als starkes Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände.
Derzeit gilt eine weltweite Reisewarnung bis Ende April 2020. Daher können Pauschalreisen, die bis zu diesem Datum angetreten werden sollen, kostenfrei storniert werden. Bereits erfolgte Anzahlungen sind vom Veranstalter zu erstatten.
Reisen, die nicht unmittelbar bevorstehen, und bei denen daher unklar ist, ob die Reisewarnung bzw. die außergewöhnlichen Umstände dann noch bestehen, kann der Reisende (noch) nicht kostenfrei stornieren. Hier muss die weitere Entwicklung zunächst abgewartet werden.
Werden Pauschalreisen vom Veranstalter abgesagt, kann sich der Urlauber den Preis zurückerstatten lassen. Schadenersatzansprüche gegen den Reiseveranstalter wegen entgangener Urlaubsfreuden kommen aber nicht in Betracht, da hier unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die der Veranstalter nicht zu vertreten hat.
Ein kostenfreier Rücktritt ist auch immer dann möglich, wenn ein wesentlicher Teil der Pauschalreiseleistung nicht stattfinden kann, z.B. zentrale Sehenswürdigkeiten gesperrt sind. Dies ist unseres Erachtens vor allem aber auch dann der Fall, wenn Reisende bei der Einreise zunächst eine 14-tägige Quarantäne antreten müssten.
Was gilt bei Kreuzfahrten?
Bei Kreuzfahrten gelten die Regeln für Pauschalreisen.
Wird eine Pauschalreise vom Veranstalter abgesagt, kann der Reisende eine Rückerstattung des bereits gezahlten Reisepreises verlangen.
Was passiert bei einer Einreisesperre?
Die Frage, ob Reisende im Falle einer Einreisesperre für bestimmte Nationalitäten kostenfrei von der gebuchten Pauschalreise zurücktreten können oder die Stornokosten doch tragen müssen, ist noch nicht abschließend geklärt. Ein kostenfreier Rücktritt ist möglich, wenn die Durchführung der Pauschalreise durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt wird. Dies kann der Reisende unseres Erachtens auch in diesem Fall geltend machen.
Schließt das Reiseland komplett seine Grenzen, können Sie kostenfrei von einer Pauschalreise zurücktreten. Ein kostenfreier Rücktritt ist möglich, wenn die Durchführung der Reise bzw. Anreise durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt wird. Bei einer Grenzschließung kann der Reiseveranstalter die Pauschalreise nicht mehr durchführen. Deshalb ist eine kostenlose Stornierung der Pauschalreise möglich.
Bei einer Individualreise gilt folgendes: Kann die gebuchte Leistung wegen der Grenzschließung nicht erbracht werden, kann beispielsweise der Vermieter der Ferienwohnung keine Stornokosten verlangen. Wird die Leistung aber erbracht und möchte der Urlauber – beispielsweise aus Angst vor einer Erkrankung – stornieren, fallen eventuell Stornogebühren für den Urlauber an.
Welche Rechte bestehen, wenn nur Teile der Reise nicht wie vereinbart durchgeführt werden, z.B. Ausflüge wegen des Corona-Virus ausfallen?
Vom Veranstalter kann man eine Preisminderung verlangen, wenn es bei der Durchführung der Reise zu Mängeln kommt, weil zum Beispiel einzelne Sehenswürdigkeiten nicht besucht werden können – auch dann wenn den Veranstalter kein Verschulden trifft.
Findet die Rückreise nicht wie geplant statt, z.B. weil der Flug wegen des Coronavirus ausfällt, muss der Reiseveranstalter die Mehrkosten für den verlängerten Aufenthalt für bis zu drei Tage übernehmen. Was darüber hinaus geht, müssen Reisende grundsätzlich selbst bezahlen
Wann greift meine Reiserücktrittsversicherung?
Eine Reiserücktrittsversicherung greift nur dann, wenn der Reisende die gebuchte Reise aus einem versicherten Grund nicht antreten kann. Dies ist vor allem bei einer unerwarteten schweren Erkrankung der Fall, wobei dann ein ärztliches Attest vorgelegt werden muss. In diesem Fall werden die vertraglich geschuldeten Stornokosten von der Versicherung übernommen.
Wenn die Reise hingegen wegen einer unerwarteten schweren Erkrankung während der Reise abebrochen werden muss, erstattet eine Reiseabbruchversicherung im Rahmen einer Reiserücktrittsversicherung die anfallenden Mehrkosten (z.B. Umbuchung für spätere Rückreise) und die notwendigen zusätzlichen Rückreise- und Unterkunftskosten.
Aber: Viele Reiserücktrittsversicherungen enthalten Klauseln, die Krankheiten, die von der WHO als Pandemie eingestuft werden, vom Versicherungsschutz ausschließen. Am 11.03.2020 hat die WHO Covid-19 als Pandemie eingestuft. Bei einer Erkrankung am Coronavirus nach dem 11.03.2020 ist bei Versicherungen, die eine solche Klausel enthalten, daher kein versicherter Rücktrittsgrund mehr gegeben.
Muss man einen Reisegutschein akzeptieren?
Viele Veranstalter bieten Reisenden derzeit für ausgefallene oder abgesagte Reisen einen Reisegutschein an. Dieser kann bei einer späteren Buchung eingelöst werden. Rechtlich sind Sie nicht dazu verpflichtet, einen Gutschein zu akzeptieren, sondern haben das Recht, Ihren Reisepreis zurückzubekommen.
Was passiert, wenn ich meine Pauschalreise schon vor der Reisewarnung vom 17.3.2020 selbst storniert habe?
Ein kostenfreier Rücktritt von einer Pauschalreise ist nur möglich, wenn die Anreise oder die Durchführung durch außergewöhnliche Umstände am Urlaubsort erheblich beeinträchtigt ist. Ein starkes Indiz hierfür sind die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Das Auswärtige Amt hat am 17.3.2020 eine weltweite Reisewarnung herausgegeben.
Wenn eine Stornierung vor diesem Datum erfolgt ist, hat man nur dann einen Rechtsanspruch auf die Erstattung der schon gezahlten Kosten, wenn bewiesen werden kann, dass auch schon zum Zeitpunkt der früheren Stornierung mit hoher Wahrscheinlichkeit mit außergewöhnlichen Umständen zum Zeitpunkt des Reiseantritts zu rechnen war. Wenn die Stornierung nur wenige Tage vor der offiziellen Reisewarnung erfolgt ist, lässt sich dies zumindest gut vertreten. War der zeitliche Abstand größer, werden die Erfolgsaussichten schlechter.
Ich kann die von mir in Deutschland gebuchte Ferienwohnung wegen des Reiseverbotes nicht erreichen. Was gilt?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Nach deutschem Recht liegt das Wegerisiko – also ob und wie der Mieter an sein Ziel gelangt – grundsätzlich beim Mieter. Er müßte dann auch die Kosten tragen. Ob die Corona-Pandemie eine andere Bewertung ermöglich, ist bislang gerichtlich nicht geklärt.
Denkbar wäre ein kostenfreier Rücktritt z.B. aber dann, wenn eine Zufahrt zum Ferienhaus gar nicht möglich ist, weil es sich in einer Sperrzone befindet. Ebenfalls könnte man wegen der Beschränkung der Einreisebestimmungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage annehmen.
Meine Busreise wurde abgesagt: Welche Rechte habe ich?
Fernbusreisen sind in Deutschland nach der Allgemeinverfügung der Bundesregierung seit dem 16.3.2020 verboten. Für Fahrgäste gilt in diesem Fall die europäische Fahrgastrechteverordnung für Busreisen: Fahrgäste können danach entweder die Erstattung des Fahrpreises oder eine Umbuchung auf einen anderen Termin verlangen.
Was passiert bei einem angemieteten Wohnmobil?
Auch hier ist die Rechtslage schwierig: Aufgrund des Mietvertrags ist der Vermieter nur verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch des Fahrzeugs zu gewähren. Und das Fahren eines Wohnmobils ist grundsätzlich ja nicht verboten.
Aber: Die eigentliche Nutzung des Wohnmobils ist derzeit wegen der Schließung von Campingplätzen oder der bestehenden Ausgangssperren und Kontaktverbote faktisch kaum mehr möglich.
Daher kann mit guten Argumenten der Rücktritt vom Vertrag erklärt werden, denn zumindest die Geschäftsgrundlage des Vertrages – die Nutzung zu Urlaubszwecken – ist auf jeden Fall entfallen.
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