Kurzarbeit

Kurzarbeitergeld in Zeiten der Corona-Krise

Kurzarbeitergeld in Zeiten der Corona-Krise

 

In der aktuellen Situation ergeben sich insbesondere im Arbeitsrecht eine Vielzahl von Fragen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Hier haben wir nun zunächst die unseres Erachtens wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Kurzarbeitergeld zusammengefasst. Bitte beachten Sie, dass die Antworten natürlich keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen.  Sollten sie daher in ihrem konkreten Einzelfall noch Fragen haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Seite.

  1. Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit ohne die Zustimmung der Arbeitnehmer einseitig anordnen?

Nein! Für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist es zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit trifft. Diese kann in einem Tarifvertrag oder auch in einem Arbeitsvertrag geregelt sein. Sollte es bislang keine Regelung geben, muss der Arbeitgeber zwingend eine Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers zur Einführung von Kurzarbeit einholen. Diese Zustimmung des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber dann mit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit einreichen.

 

  1. Wie schnell kann die Kurzarbeit vom Arbeitgeber eingeführt werden?

Die Kurzarbeit kann erst nach Ablauf einer vereinbarten Ankündigungsfrist angeordnet werden. Die Dauer der Ankündigungsfrist ergibt sich aus dem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Gibt es solche Regelungen nicht und ist die Kurzarbeit „nur“ arbeitsvertraglich vereinbart, so wird eine Ankündigungsfrist von drei Wochen grundsätzlich für angemessen gehalten.

 

  1. Kann mich der Arbeitgeber kündigen, wenn ich der Einführung von Kurzarbeit nicht zustimme?

Zunächst darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer nicht aufgrund der Verweigerung der Zustimmung zur Kurzarbeit kündigen. Dies wäre eine verbotene Maßregelung (§612a BGB). Wenn aber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem mit ihm vertraglich vereinbarten Umfang nicht mehr möglich ist, muss der Arbeitnehmer jedoch mit einer Änderungskündigung zur Herabsetzung der Arbeitszeit oder einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen rechnen. Diese Kündigung muss dann indes – sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist – sozial gerechtfertigt sein, was vom Arbeitsgericht nach Erhebung der Kündigungsschutzklage zu prüfen ist. Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung müsste dann der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess nachweisen, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer – entgegen der Prognose eines nur vorübergehenden Beschäftigungsmangels – dauerhaft entfallen ist.

 

  1. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60% des Nettoentgeltausfalls, d.h. der Arbeitnehmer erhält von Arbeitgeber für die ausgefallene Arbeitszeit lediglich 60% des Nettoentgelts. Dieses wiederum bekommt der Arbeitgeber auf Antrag erstattet.  Hat der Arbeitnehmer (mindestens) ein unterhaltsberechtigtes Kind, zahlt die Bundesagentur für Arbeit 67% des entgangenen Nettolohns. Bei der Berechnung wird nicht das „normale“ Netto aus der Lohnabrechnung verwendet sondern ein sogenanntes pauschaliertes Nettoentgelt. Die Bundesagentur für Arbeit hält dazu eine Tabelle bereit.

 

  1. Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den durch das Kurzarbeitergeld entstehenden Verdienstausfall durch eigene Teilzahlungen ausgleichen?

Ja. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmern freiwillig einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlen. In einigen Tarifverträgen ist die Zahlung eines Zuschusses bei Kurzarbeit durch den Arbeitgeber sogar zwingend geregelt.

Der Zuschuss ist steuerpflichtig. Sozialversicherungsbeiträge sind auf den Zuschuss aber nur dann zu zahlen, wenn der Zuschuss zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80% des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigt. Wird ein höherer Zuschuss gezahlt, ist nur der übersteigende Betrag beitragspflichtig.

 

  1. Besteht eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zunächst die noch bestehenden Urlaubstage aus 2019 und 2020 nehmen bzw. Überstunden „abfeiern“ zu müssen, bevor das Kurzarbeitergeld gewährt werden kann?

Noch vorhandene Überstunden stehen dem Bezug von Kurzarbeitergeld grundsätzlich entgegen. Diese müssen vorher abgebaut werden.

Das gleiche gilt für etwaige Resturlaubsansprüche betreffend das Jahr 2019. Auch dieser muss zuvor genommen werden.

Für den Urlaub des Jahres 2020 muss der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit eine Urlaubsliste übersenden, aus der sich ergibt für welche Zeiträume die von Kurzarbeitergeld betroffenen Arbeitnehmer in 2020 ihren gesamten Urlaub verplant haben. Der Urlaub 2020 muss daher bis zu Anzeige des Arbeitsausfalls nicht vollständig genommen worden sein, auch nicht anteilig.

 

  1. Haben Minijobber Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Nein, geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können kein Kurzarbeitergeld erhalten.

 

  1. Kann der Arbeitgeber Minijobber einfach kündigen, weil diese kein Kurzarbeitergeld erhalten können? Müssen diese erst entlassen werden, bevor Kurzarbeit beantragt wird?

Nein. Auch hier muss – wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist – ein Kündigungsgrund vorliegen. Allein der Umstand, dass Minijobber kein Kurzarbeitergeld erhalten können, ändert hieran nichts. Der Arbeitgeber muss darlegen und beweisen, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den konkreten Minijobber dauerhaft entfallen ist.

Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen auch nicht erst entlassen werden, bevor Kurzarbeit eingeführt werden kann.

 

  1. Ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit für alle Beschäftigten gleichmäßig zu kürzen?

 

Die Arbeitszeit muss nicht für alle Arbeitnehmer gleichermaßen reduziert werden. Unterschiede wegen der Art der Tätigkeit oder der Qualifikation können gemacht werden. Wenn für bestimmte Arbeitnehmer kein Arbeitsausfall zu verzeichnen ist, müssen diese auch keine Kurzarbeit leisten. Dennoch darf der Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen bei vergleichbaren Arbeitnehmern vornehmen.

 

  1. Was passiert, wenn ich während der Kurzarbeit krank werde?

Hier kommt es entscheidend darauf an, ob die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eintritt oder schon zuvor:

Wird der Mitarbeiter arbeitsunfähig krank, während er Kurzarbeitergeld, bleibt sein Anspruch auf das Kurzarbeitergeld erhalten. Dies dann wieder für die Dauer der üblichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (in der Regel 6 Wochen).

Erkrankt der Arbeitnehmer aber schon vor dem Anspruchszeitraum, so hat er einen ergänzenden Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse in Höhe des Kurzarbeitergeldes.  Hier zahlt dann der Arbeitgeber bis zum Beginn der Kurzarbeit das volle Entgelt fort. Ab Beginn der Kurzarbeit zahlt der Arbeitgeber dann nur noch den geringeren Lohn und die Krankenkasse zahlt Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes, so als wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig gewesen wären. Dies dann wiederum so lange, wie der Anspruch auf Entgeltfortzahlung (in der Regel 6 Wochen) besteht.

 

  1. Wie ist der Verfahrensablauf für die Beantragung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes?

Der Arbeitgeber muss zunächst den Arbeitsausfall bei der Bundesagentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch – nicht telefonisch! – anzeigen. Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so ist die Stellungnahme des Betriebsrats der Anzeige beizufügen. Der Arbeitgeber hat zudem mit der Anzeige der Agentur für Arbeit die Ankündigung der Kurzarbeit und die Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit vorzulegen. Der Arbeitgeber muss zudem die Ursache des Arbeitsausfalls angeben.

Anschließend muss der Arbeitgeber dann das Kurzarbeitergeld für die ausgefallenen Stunden berechnen und mit dem Gehalt für die geleisteten Arbeitsstunden an die Arbeitnehmer auszahlen. Nach Ablauf des Monats ist dann der entsprechende Leistungsantrag bei der Agentur für Arbeit zu stellen und die Abrechnungslisten einzureichen. Der Leistungsantrag muss innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats bei der Agentur für Arbeit eingegangen sein.

Kurzarbeitergeld wird gemäß § 99 Abs. 2 SGB III frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Solange die Anzeige im März 2020 bei der Agentur für Arbeit eingeht, kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld rückwirkend für den Monat März gewährt werden.

 

  1. Wie muss die Kurzarbeit begründet werden?

Das Kurzarbeitergeld wird für einen zeitlich vorübergehenden vollständigen oder zumindest teilweisen Arbeitsausfall gewährt. Andere Gründe kennt das Gesetz für den Bezug von Kurzarbeitergeld grundsätzlich nicht. Es geht immer um den Ausfall der Arbeit für den jeweiligen Arbeitnehmer.

 

  1. Wie viele Arbeitnehmer eines Betriebes müssen von Kurzarbeit betroffen sein, damit Kurzarbeitergeld beantragt werden kann?

Inzwischen genügt es, wenn 10% der Beschäftigten eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind.

 

  1. Erstattet die Bundesagentur für Arbeit dem Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge?

Bis zum 16.03.2020 musste der Arbeitgeber auf das ausfallende Arbeitsentgelt, für das Kurzarbeitergeld gezahlt wird, die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung allein tragen. Hierfür war Bemessungsgrundlage 80% der Bruttoentgeltdifferenz, d.h. der Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne die Kurzarbeit erhalten hätte und dem Entgelt, das er tatsächlich von dem Arbeitgeber erhält.

Nach der Gesetzesänderung, die am 16.03.2020 in Kraft getreten ist, wird nun eine vollständige oder teilweise Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für diejenigen Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, erfolgen.

 

 

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