Kurzarbeit

Kurzarbeitergeld in Zeiten der Corona-Krise

Arbeitsrecht in Zeiten der Corona-Krise

 

Die Corona-Krise wirft bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern derzeit viele Fragen auf: Was passiert bei einer Erkrankung oder Quarantäne? Kann der Arbeitgeber wegen des Coronavirus Arbeitnehmer kündigen? Was passiert bei einer staatlich angeordneten Stilllegung des Betriebes? Gibt es einen Anspruch auf einen Arbeitsplatz im Homeoffice?

Diese und andere Fragen versuchen wir nachfolgend für Sie zu beantworten. Bitte beachten Sie aber, dass diese Antworten keine rechtliche Beratung im Einzelfall ersetzen können – vor allem deshalb nicht, weil die Corona-Krise auch im Arbeitsrecht Fragen aufwirft, die wegen der ungeahnten Auswirkungen der Pandemie von den Arbeitsgerichten und dem Gesetzgeber teilweise noch nicht beantwortet worden sind.

 

  1. Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer am Coronavirus erkrankt?

Arbeitsrechtlich ergeben sich hier wenige Probleme. Die Infektion mit dem Coronavirus wird stets zur Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) führen. Nach § 3 Abs.1 EFZG hat der Arbeitnehmer dann gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch auf in der Regel 6 Wochen Entgeltfortzahlung. Bleibt man länger krank, gibt es anschließend für den gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer von seiner Krankenkasse noch für insgesamt 78 Wochen Krankengeld.

Die Arbeitgeber, die am sogenannten Umlageverfahren teilnehmen (Umlage U1) erhalten einen Teil der von ihnen in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen ersetzt. Die Höhe des zu erstattenden Betrages ergibt sich hier aus der mit der Krankenkasse getroffenen Vereinbarung.

Etwas anders kann sich die Situation dann darstellen, wenn die Behörde gegen den Arbeitnehmer ein berufliches Tätigkeitsverbot nach § 31 S.2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) angeordnet hat. Dann kann der Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG geltend machen. Hinsichtlich der Höhe der Zahlungen ergeben sich kaum Unterschiede: Auch hier gibt es für die ersten 6 Wochen den Verdienstausfall in voller Höhe ersetzt, es schließt sich dann ab der 7. Woche die Zahlung in Höhe des gesetzlichen Krankengeldes an. Das Geld bekommt der Arbeitnehmer in den ersten Wochen von seinem Arbeitgeber ausgezahlt, der sich aber dieses Geld von der Behörde erstatten lassen kann.

 

  1. Kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen des Coronavirus kündigen?

Ja. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber tatsächlich kündigen. Hier ist aber zu unterscheiden:

– In sogenannten Kleinbetrieben, d.h. Betrieben mit in der Regel nicht mehr als 10 Arbeitnehmern im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bzw. in größeren Betrieben bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als 6 Monaten kann der Arbeitgeber grundsätzlich kündigen, ohne dass er einen Kündigungsgrund haben muss. Er muss lediglich die einschlägige Kündigungsfrist einhalten.

– Weitaus schwieriger wird eine Kündigung aber für den Arbeitgeber, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, was grundsätzlich dann der Fall ist, wenn der Arbeitgeber mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des KSchG hat und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Denn dann benötigt der Arbeitgeber für die Kündigung einen Kündigungsgrund, den er im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht auch beweisen muss. Als möglicher Kündigungsgrund käme hier dann zwar eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht.  Hierfür müsste der Bedarf am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft entfallen. Solange die durch das Coronavirus ausgelöste Krise aber nur zeitlich begrenzt ist, wird es hier den Arbeitgebern schwerfallen, dies zu beweisen.

 

Wichtig ist bei allen Kündigungen: Der Arbeitnehmer muss innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung zwingend die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erheben! Nur dann kann er sich erfolgreich gegen die Kündigung wehren bzw. die Chance auf Zahlung einer Abfindung wahren.

 

  1. Kann mich der Arbeitgeber dazu „zwingen“ der Einführung von Kurzarbeit zuzustimmen?

Nein. Die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit setzt zwar u.a. voraus, dass der Arbeitgeber einen Nachweis vorlegt, dass der Arbeitnehmer mit der Einführung der Kurzarbeit einverstanden ist. Einseitig kann er die Zustimmung allerdings nicht erzwingen. Dem Arbeitgeber bliebe hier allein der (beschwerliche) Weg der Klage auf Zustimmung zur Kurzarbeit zum Arbeitsgericht bzw. der Ausspruch einer Änderungskündigung.

Andererseits ist aber aus Sicht der Arbeitnehmer zu Bedenken, dass ggfs. die Verweigerung der Zustimmung zur Kurzarbeit dem Arbeitgeber später die Möglichkeit der betriebsbedingten Kündigung eröffnen könnte.

 

  1. Was passiert, wenn ich aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus nicht arbeiten gehe?

Dann riskiert man als Arbeitnehmer zunächst mindestens eine Abmahnung und dann durchaus auch die verhaltensbedingte Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens.

Des Weiteren besteht natürlich – so lange keine nachgewiesene Infektion vorliegt und keine andere ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit besteht – natürlich auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

 

  1. Besteht ein Anspruch auf Lohnzahlung, wenn der Arbeitnehmer zwar nicht krank ist, er aber aufgrund behördlicher Anweisung zu Hause bleiben muss („Quarantäne“)?

Da keine Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit vorliegt, dürfte die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ausscheiden. Es besteht aber ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 IfSG). Hinsichtlich der Höhe der Zahlungen ergeben sich kaum Unterschiede: Auch hier gibt es für die ersten 6 Wochen den Verdienstausfall in voller Höhe ersetzt, es schließt sich dann ab der 7. Woche die Zahlung in Höhe des gesetzlichen Krankengeldes an. Das Geld bekommt der Arbeitnehmer in den ersten Wochen von seinem Arbeitgeber ausgezahlt, der sich aber dieses Geld von der Behörde erstatten lassen kann.

 

  1. Muss ich auch dann arbeiten gehen, wenn sich mein Arbeitgeber nicht an behördliche Auflagen oder Hygienevorschriften hält?

In diesem Fall ist die Situation anders. Den Arbeitgeber treffen – unabhängig von der jetzigen Corona-Krise – gegenüber seinen Mitarbeitern Fürsorgepflichten. Dies bedeutet beispielsweise, dass er es seinen Arbeitnehmern ermöglichen muss, sich regelmäßig die Hände waschen zu können. Wenn die Behörden darüberhinausgehende Maßnahmen anordnen, muss der Arbeitgeber diese befolgen. Macht der Arbeitgeber dies nicht oder verstößt er gegen seine Pflichten zum Schutz der Gesundheit seiner Arbeitnehmer, kann der Arbeitnehmer durchaus berechtigt sein, der Arbeit fernzubleiben. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer trotz fehlender Arbeitsleistung den Lohn weiterzahlen.

 

  1. Kann der Arbeitgeber wegen der Corona-Krise einfach den Betrieb schließen und die Arbeitnehmer gegen ihren Willen nach Hause schicken?

Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich auch eine Beschäftigungspflicht. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber grundsätzlich seine Arbeitnehmer beschäftigen muss. Schickt er sie unberechtigt nach Hause, gerät er in den Annahmeverzug, d.h. er muss den Arbeitnehmern den Lohn auch ohne Erbringung der Arbeitsleistung weiterzahlen.

Anders ist dies aber unter Umständen dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gegen seinen Willen freistellt, weil er für den Arbeitnehmer ein gesteigertes Gesundheitsrisiko sieht. Wenn das gesundheitliche Risiko für den Arbeitnehmer aus objektiven Gründen hoch ist, besteht ggfs. aus Fürsorgegesichtspunkten eine Pflicht des Arbeitgebers den Arbeitnehmer freizustellen. Ob in diesem Fall der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen muss, ist einzelfallabhängig zu entscheiden.

 

  1. Darf der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen bzw. Arbeitnehmer einseitig verpflichten, Überstunden abzubauen?

Beides ist grundsätzlich rechtlich unzulässig. Sowohl die Gewährung von Urlaub wie auch das „Abfeiern“ von Überstunden kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen.

Eine Besonderheit gibt es aber beim Kurzarbeitergeld: Hier besteht grundsätzlich vor der Inanspruchnahme die Pflicht, die restlichen Urlaubstage aus dem Jahr 2019 vollständig zu nehmen.

Ohne das Einverständnis des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auch nicht in den unbezahlten Urlaub schicken bzw. eine unbezahlte Freistellung anordnen. Beides ist im Übrigen auch aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen problematisch, da hier unter Umständen der Verlust des gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes droht.

 

  1. Was passiert, wenn die Behörden den Betrieb meines Arbeitgebers schließen? Habe ich als Arbeitnehmer noch Anspruch auf weitere Lohnzahlung?

Die Schließung des Betriebes fällt in den Risikobereich des Arbeitgebers. Dieser ist daher grundsätzlich weiterhin zur Lohnzahlung verpflichtet. Dies unabhängig davon, ob im Betrieb gearbeitet wird.

Der Arbeitgeber sollte hier unverzüglich Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit bzw. Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz beantragen.

 

  1. Was passiert, wenn keine Betreuungsmöglichkeit für das Kind besteht? Besteht trotzdem ein Anspruch auf Lohnzahlung?

Das Fehlen einer Betreuungsmöglichkeit fällt grundsätzlich in den Risikobereich des Arbeitnehmers. Dies bedeutet, dass dann, wenn der Arbeitnehmer nur aus diesem Grunde der Arbeit fernbleibt, zum einen kein Anspruch auf Lohnzahlung bestehen dürfte und zum anderen – zumindest bei längerem Fernbleiben – sogar die Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens am Arbeitsplatz droht.

Da aber weder der Arbeitgeber, noch der Arbeitnehmer Interesse an einer derartigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben dürften, bieten sich hier folgende Regelungsmöglichkeiten an:

  • Gewährung von Urlaub (hier besteht u.U. ein Anspruch auf Genehmigung des Urlaubs)
  • Überstundenabbau
  • Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub oder Vereinbarung unentgeltlicher Freistellung mit Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr an den Arbeitsplatz
  • Vereinbarung über einen Homeoffice-Arbeitsplatz
  • Flexibilisierung der Arbeitszeit, d.h. Anpassung der Lage der Arbeitszeit
  • Kurzarbeit
  • Vereinbarung über zeitlich befristete Verringerung der Arbeitszeit

 

  1. Besteht ein rechtlicher Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz?

Nein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen hierfür eine gesonderte Vereinbarung treffen. Dies ist nur dann anders, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung schon eine entsprechende Regelung hierfür vorsehen.

 

  1. Was passiert, wenn das Kind des Arbeitnehmers am Coronavirus erkrankt ist?

Hier kommen zunächst zwei Möglichkeiten in Betracht: Zum einen kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nach § 616 BGB – solange dies nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde – für einige Tage weiter den Lohn verlangen und in dieser Zeit bei seinem Kind bleiben. Ansonsten bleibt der Weg des sogenannten Kinderkrankengeldes nach § 45 SGB V: Dieses setzt aber nicht nur ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit der Pflege des Kindes voraus, sondern auch, dass keine andere im Haushalt lebende Person die Pflege übernehmen kann, das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert ist und in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.

Im Regelfall allerdings wird die Infektion des Kindes ohnehin inzwischen dazu führen, dass die Behörde auch hinsichtlich der Eltern eine Quarantäne verhängen wird. In diesem Fall greifen dann wieder die Entschädigungsleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz.

 

  1. Kann schon bewilligter Urlaub wegen des Coronavirus wieder rückgängig machen?

Nein! Ein einmal gewährter Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht einseitig rückgängig gemacht werden.

Gleiches gilt aber auch für den Arbeitnehmer. Auch dieser kann nicht einseitig schon genehmigten Urlaub wieder rückgängig machen, weil er beispielsweise wegen der aktuellen Reisebeschränkungen seinen Urlaub stornieren musste.

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